1 Jahr nach der Kommunalwahl – mein erstes Jahr als ehrenamtlicher Politiker

Die Kommunalwahl ist nun genau 1 Jahr her. Seitdem beteilige ich mich aktiv in der Politik von Laatzen.

  • Wie wurde ich aufgenommen?
  • Was habe ich erlebt und erreicht?
  • Was nicht?
  • Was sehe ich heute in Laatzen, in der Politik anders, als noch vor einem Jahr?
  • Welche Probleme gibt es aus meiner Sicht?
  • Was ist aus meiner Sicht im politischen Umfeld in Laatzen überflüssig?

Verschiedene Fragen möchte ich hier beantworten.

Vorbedingung

Den Großteil der Arbeit der PIRATEN Laatzen mache ich alleine. Anträge lesen, erarbeiten und einreichen (z.T. mit meiner Gruppenpartnerin Nicole Hendrych), die Hälfte der Ausschüsse wahrnehmen, Sitzungen mit Fraktionsvorsitzenden, Pressearbeit, Blog, Facebook, Twitter, etc.

Nach meiner Empfindung gibt es parteiübergreifend gute Menschen mit Idealen, die wirklich das Beste für die Stadt möchten und nicht ihre eigene Person “wichtig” machen möchten. Auch gibt es viele Mitarbeiter in der Verwaltung, die einen sehr guten, kunden- und sachorientierten Job machen und mit denen die Arbeit sehr konstruktiv und angenehm ist.

Am Anfang waren alle gespannt, was das denn da für ein Neuer ist. Der Pirat. Sie haben davon gehört, konnten sich nichts vorstellen? Spinner? Ja na klar, muss ja so sein. Nach meinem persönlichen Eindruck wurde ich am Anfang entsprechend “beobachtet”.

Netterweise wurde ich dennoch schnell akzeptiert. Das Miteinander ist freundschaftlich, auch wenn wir natürlich in Themen auseinander liegen. Damit kann ich sehr gut leben. Gegenseitiger Respekt auch, wenn es andere Sichtweisen gibt.

Ich mache weiterhin sachorientierte Politik. Das heißt für mich Themen parteiübergreifend zu unterstützen, die ich für gut empfinde. Genauso bedeutet es unsinnige Themen abzulehnen oder Ideen zum Verbessern aufzeigen. Natürlich funktioniert das mal besser und mal schlechter. Im Grunde weiß ich auch, dass ich effektiv nichts machen kann. Ich habe in keinem Ausschuss Stimmrecht. Im Rat besitzt die Gruppe SPD/GRÜNE  die Mehrheit und kann im Zweifel machen was sie möchte.

Interessant und gut ist, dass Themen der PIRATEN z.B. von der SPD übernommen werden (Stichwort: freies WLAN im Stadthaus). Es werden aktuelle Medien genutzt. Und überhaupt wird zwischendurch wieder an den Bürger gedacht. So werden doch “piratige” Themen umgesetzt. Schön zu sehen.

Was habe ich konkret erreicht?

Von Anfang an durfte ich bei der Ausarbeitung der neuen Satzung und Geschäftsordnung mitarbeiten. Hier waren für mich vor allem das Thema mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz wichtig.

  • Die neue Geschäftsordnung sieht auch das Livestreaming der Ratssitzungen vor, wenn jeder Mandatsträger einverstanden ist. Leider wurden bis heute nicht alle Ratsmitglieder, trotz mehrfacher Nachfrage von mir,  befragt.
  • ½ Stunde vor den Ortsratssitzungen ist die Verwaltung bereits vor Ort um Fragen zu beantworten bzw. aufzuklären.

Gerne hätte ich das Thema Bürgerbeteiligung stärker voran getrieben. Der aktuelle Zustand ist stark verbesserungswürdig.

Die Überarbeitung der Entschädigungssatzung kam aus meiner Sicht zu einem vollkommen falschen Zeitpunkt. Ich kann die Ratskollegen verstehen, dass Sie für die viele Arbeit und den großen Verzicht in der Freizeit auf eine angemessene “Bezahlung” drängen. Ich hätte die Entschädigungssatzung eher nach “unten” korrigiert. Zumindest haben Nicole Hendrych und ich auf die anderen Parteien eingewirkt, dass die Entschädigungen nicht noch stärker angehoben wurden.

Weitere Punkte:

  • Obwohl Anträge von mir abgelehnt worden sind, die z.B. das Veröffentlichen von Meldungen in Twitter und Facebook vorsehen, hat die Verwaltung angefangen mehr Informationen z.B. über ihre Homepage www.laatzen.de und Twitter zu verteilen.
  • Durch das “Vorleben” eines anderen Politikstils, ziehen andere Parteien nach und veröffentlichen z.B. Reden oder nutzen verstärkt neue Medien (siehe auch hier).
  • Durch das Veröffentlichen der Anfragen an die Stadtverwaltung und deren Antworten hat sich die Qualität der Antworten verbessert

So scheint es mir, dass sich durch das Vorhandensein der PIRATEN die Denke bei den anderen Parteien verändert. Allein das ist für mich schon ein großer Erfolg.

Probleme:

Ich  habe früher die “Politiker” für viele schlechte oder unsinnige  Entscheidungen verantwortlich gemacht. Jetzt nach einem Jahr habe ich  das System besser verstanden.

Die  kommunalen Politiker sollen die Verwaltung kontrollieren und der Verwaltung die Richtung vorgeben. Die  Verwaltung ist im Prinzip ein eigener Machtapparat, mit eigenen Chefs  und eigenen Zielen. Und hier liegt ein großes Problem. Die Verwaltung  kann Beschlussvorlagen für den Rat einreichen und Stellung nehmen zu  Anträgen von Parteien. Hier in der Verwaltung gibt es Profis, die den  ganzen Tag Zeit haben gegenüber den ehrenamtlichen Poltikern, die in  ihrer Freizeit sich im Grunde mit allem auskennen sollen. Finanzen,  Recht, Stadtplanung, Schule, etc. Eine Aufgabe die im Prinzip unmöglich  ist.

So sind die kommunalen Politiker doch wieder von der Verwaltung  abhängig. Müssen sich auf deren Informationen verlassen. Wenn in diesen  Informationen etwas fehlt, wird evtl. ein Beschluss falsch gefällt. Im  Nachhinein kann sich aber die Verwaltung auf diesen Beschluss  zurückziehen und sagen “das wurde so beschlossen, wir müssen uns danach  richten” … obwohl es am Anfang die Idee der Verwaltung war.

So können die ehrenamtlichen “Freizeit”-Politiker fast nur verlieren.

Werden “unliebsame” Anträge eingereicht, gibt es oft viele Begründungen der  Verwaltung, diese Anträge nicht umzusetzen. Die  Verwaltung verfolgt ihr eigenes Ziel.

Richtig schwer wird es, wenn Informationen erst sehr kurzfristig gegeben werden  und aus “Alternativlosigkeit” oder Zeitmangel dazu geraten wird, dem  zuzustimmen. Hier muss man sich auf die Verwaltung verlassen, jedoch  wieder mit den oben genannten Problemen.

Interessant:

Für den Beitrag “Bericht vom Ausschuss für Wirtschaft und Vermögen 17:09.2012” (Link) wurde mir mit einer Unterlassungsklage gedroht. Einfach anrufen und um Änderung bitten wäre wohl zu einfach – oder sollte ich eingeschüchtert werden?

Das nächste Jahr:

Es gibt in Laatzen weiterhin viel zu tun und zu verbessern. Einige Themen des kommenden Jahres:

  • Es steht die Rathaussanierung an, das heißt unter anderem ca. 2 Mio. €  für den Brandschutz.
  • “OpenStreetMap” für Laatzen – das heißt ein offene, freie Stadtkarte für die Bürger in Laatzen mit verschiedensten Informationen
  • Stärkere Bürgerbeteiligung bei großen Projekten
  • Ein übersichtlicher Haushalt, für jeden leicht verständlich (z.B. http://bund.offenerhaushalt.de/)

Ich hoffe, dass die impliziten Fraktionszwänge aufgehoben werden und gemeinsam eine gute Politik für Laatzen gemacht wird.

Heiko Schönemann (Ratsherr Laatzen)

3 Kommentare zu „1 Jahr nach der Kommunalwahl – mein erstes Jahr als ehrenamtlicher Politiker

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